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Gewinnerin des Sonderpreises 2022

Über den Dächern Aachens hat Familie Jaschik auf 15 Quadratemetern eine kleines Paradies für Mensch und Tier geschaffen. In über 60 Kübeln, Kästen und Töpfen reihen sich Wildblumen, Stauden und Gehölze aneinander, die Wildbienen rund ums Jahr Nahrung und Unterschlupf bieten. Für ihren grünen Daumen und ihr Engagement im Namen der Artenvielfalt erhält Andrea Jaschik den #beebetter-Sonderpreis 2022.

MEIN SCHÖNER GARTEN-Autorin Vanessa Engel

29.09.2022 - 15:45 Uhr

Lesezeit: 12 Min.
Hortus Aquis – Trachtfließband Dachterrasse
Foto: Andrea Jaschik
Inhaltsverzeichnis
Gewinnerin des Sonderpreises 2022

Das Projekt - kurz & knackig

Der Hortus Aquis von Andrea Jaschik ist ein 15 Quadratmeter großer Dachgarten mit süd-westlicher Ausrichtung im dritten Stock über den Dächern von Aachen. Nach dem Hortus-Prinzip von Markus Gastl hat Andrea Jaschik ihre Dachterrasse mit rund 60 Gefäßen bestückt, in denen feste Gemeinschaften aus Frühblühern, Bäumen, Sträuchern und Wildstauden wachsen. Damit Wildbienen und Vögel neben einem pollen- und nektarreichen Nahrungsangebot auch Unterschlupf und Nistmöglichkeiten finden, ist auch an allerlei Nisthilfen gedacht.

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„Die Entwicklung unserer Dachterrasse zum Naturgarten brauchte seine Zeit. Doch mit den richtigen Pflanzen lassen sich ganz leicht unterschiedliche Insekten und Kleintiere anlocken. Bei der Auswahl entschied ich mich bewusst für eine große Zahl einheimischer Wildstauden, die für Wildbienen wichtig sind“, sagt Andrea Jaschik. Auch jenseits des kleinen Idylls in luftiger Höhe ist die #beebetter-Gewinnerin gärtnerisch tätig und macht sich dabei stets für den Schutz der Vielfalt stark. 

 

Dachterrasse von #beebetter-Gewinnerin Andrea Jaschik
Foto: Andrea Jaschik

Beweggründe – das steckt dahinter

„Die Idee zu meinem Naturgarten „Hortus Aquis“ entwickelte sich über längere Zeit. Mit zunehmender Bepflanzung kamen immer mehr Insekten und Kleintiere zu Besuch. Je naturnaher ich die Fläche gestaltete, umso mehr Beziehungen zwischen Pflanzen und Tieren konnte ich beobachten. Das erfreut und fasziniert mich immer wieder aufs Neue“, erzählt Andrea Jaschik. Ein Aha-Erlebnis war die Beobachtung einer Hummel, die die Blüten eines Himbeer-Strauches bestäubte. Dabei wurde ihr im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen geführt, was eigentlich ja alle wissen: dass wir unsere Insekten brauchen, um eine gute Ernte zu erzielen. Dieses Erlebnis motivierte die Naturgärtnerin, Lösungen zu suchen und weitere Naturgarten-Elemente auf begrenzten Raum umzusetzen – meist mit etwas Fantasie. 

Andrea Jaschik
Foto: Klaus Görgen

„In der heutigen Zeit, in der das Artensterben so schnell voranschreitet, ist es eine Aufgabe für jeden Einzelnen, die Natur so gut es geht zu unterstützen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass dies auch auf den kleinsten Flächen möglich ist“, so Andrea Jaschik. In die Umsetzung der Aktionen waren ihr beiden Söhne (7 und 13 Jahre) stets eingebunden. „Es ist mir wichtig, dass sie die Natur ganz selbstverständlich erfahren können und auf diese Weise ein Verständnis für die Zusammenhänge entwickeln. Außerdem trägt das Gärtnern zum eigenen Wohlbefinden bei. Besonders in unserer schnelllebigen Zeit mit immer neuen Anforderungen, ist es eine Möglichkeit, sich selbst zu erden und zur Ruhe zu kommen.“ 

Prämierter Naturgarten
Foto: Andrea Jaschik

Projektbeschreibung

Hortus Aquis – Trachtfließband Dachterrasse

„Mit der Bepflanzung der Dachterrasse haben wir 2011 angefangen, zunächst mit Blumen aus dem Gartencenter und später mit Gemüse. Im Laufe der Zeit kamen zunehmend einheimische Pflanzen hinzu. Seit drei Jahren wähle ich nur noch Arten und Sorten aus, die für Insekten wertvoll sind und achte auf ein Blühangebot rund ums Jahr. Daher auch der Name "Trachtfließband Dachterrasse" für mein kleines Paradies, der dies verdeutlichen soll“, erläutert Andrea Jaschik.

Blütenbesucher
Foto: Andrea Jaschik

Die Pflanzenliste der Naturgärtnerin ist lang, sehr lang sogar. Sie umfasst Stauden und Kräuter, Gemüse, Zwiebeln und Knollen, Teichpflanzen sowie Wildblumen und sogar Gehölze. In Kübeln, Kisten und Töpfen bilden unterschiedlichste Arten kleine Pflanzgemeinschaften, die nicht nur das Gärtnerherz höher schlagen lassen, sondern auch Bienen und anderen Insekten ganzjährig ein reichhaltiges Buffett bieten. In Gartenjahr 2022 hat die Naturgärtnerin gezielt heimische Wildpflanzen für oligolektische Wildbienen ergänzt.

Bei der Pflege der Kübelpflanzen legt Andrea Jaschik großen Wert aufs biologische Gärtnern und versucht, ein möglichst selbstregulierendes System zu schaffen, in das sie so wenig wie möglich eingreifen muss. Statt Krankheiten und Schädlinge mit Spritzmitteln zu kurieren heißt es bei ihr Vorbeugen. Das erreicht die findige Hobbygärtnerin durch ausgeglichene Mischkulturen und Pflanzenpartnerschaften sowie durch den Einsatz von Nützlingen wie Nematoden gegen Dickmaulrüssler. Neben der Düngung nach Maß und Bedarf, setzt sie auf Tröpfchenbewässerung um Wasser zu sparen. Zum Schutz der Insekten erfolgt der Pflanzenrückschnitt erst im Frühjahr. 

Pflanzengemeinschaften im Hortus Aquis
Foto: Andrea Jaschik

Nisthilfen für Wildbienen

Im Hortus Aquis gibt es verschiedene Nistmöglichkeiten, die im Kleinformat an die Größe der Dachterrasse angepasst sind. So finden sich neben Futterhaus und Nistkästen für Vögel zum Beispiel eine Hummelkiste, aber auch eine kleine Trockenmauer, eine Totholz-Pyramide sowie ein Mager- und ein Sumpfbeet. Für bodennistenden Wildbienen-Arten hat Familie Jaschik zudem ein Sandarium angelegt und eine Mini-Lehmmauer errichtet. Auch im Blumenkasten „Lebensraum Sandbienen“, einer Auswahl bienenfreundlicher Wildstauden, gibt es zwischen den Pflanzen freie Stellen im Sand-Lehm-Substrat.Für hohlraumnistende Wildbienen-Arten steht eine gekaufte Nisthilfe mit Bambusröhrchen bereit. Daneben gibt es selbstgebaute Nisthilfen aus Schilfrohren. Auch markhaltige Stängel von Holunder Brombeere, Sonnenblume, Wermut und Co. sind an vielen Stellen integriert. Für die Schneckenhausbienen wurden Schneckenhäuser ausgelegt, für die Wollbienen Woll-Ziest angepflanzt, und eine Lehmgrube in einem Blumentopf-Untersetzer gibt es ebenfalls. Wildstauden werden erst im Frühjahr zurückgeschnitten, um den Insekten naturnahe Überwinterungsmöglichkeiten zu bieten.

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Foto: Andrea Jaschik
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Wasserstellen

„In meinem Dachterrassen-Garten gibt es einen kleinen Teich mit größeren Stauden sowie Schwimmpflanzen. Anfangs wurde unsere Baby-Badewanne dafür umfunktioniert. Zudem habe ich mehrere Pflanzgefäße mit Sumpfpflanzen angelegt. Für die Vögel gibt es eine Wasserstelle zum Baden, für die Insekten eine Tränke mit Moos und Murmeln als Landeplatz. Von allen Tieren wird der Teich am liebsten genutzt“, erzählt Andrea Jaschik freudig.

Mini-Teich und Wassertränke
Foto: Andrea Jaschik

Patenschaft für eine Grünfläche

Die #beebetter-Gewinnerin mit dem grünen Daumen kümmert sich nicht nur um ihren Dachgarten, sondern auch um Grünflächen, Beete und Blühflächen in der Umgebung. So hat sie zusammen mit ihrer Familie im Jahr 2021 die Patenschaft für eine Grünfläche in ihrer Straße übernommen. Dort wurden 30 Wildstauden gepflanzt und eine Wildblumenwiese angelegt. „Bei den Arbeiten auf der Baumscheibe komme ich mit vielen Nachbarn ins Gespräch und konnte schon mehrere von ihnen auf diese Weise für bienenfreundliches Gärtnern sensibilisieren.“

Zusammenarbeit mit der Kita St. Apollonia

Seit 2020 arbeitet Andrea Jaschik mit der Kita St. Apollonia zusammen, als diese ihr Außengelände in einem groß angelegten Projekt insektenfreundlich gestaltete. „Auf meinen Vorschlag hin nahm die Kita am Wettbewerb „Wir tun was für Bienen“ 2020 unter dem Titel „Der Ameisengeneral“ teil. Neben dem Einbringen von Ideen dokumentierte ich die Fortschritte, kümmerte mich um den Wettbewerbs-Beitrag und übernahm einen Teil der Öffentlichkeitsarbeit. Das Projekt erreichte den 1. Platz im bundesweiten Pflanzwettbewerb „Wir tun was für Bienen“ 2020 in der Kategorie Kita-Gärten. Das insektenfreundliche Kitagelände wird weiterhin gepflegt, durch neue Strukturen erweitert und in der Öffentlichkeit präsentiert, wobei ich nach wie vor eingebunden bin“, so die engagierte Hobbygärtnerin.

Gemeinschaftsgarten Johannesgarten

Im Herbst 2021 kam das Gärtnern im Gemeinschaftsgarten „Johannesgarten“ des Stadtteils hinzu. In einer netten Gruppe wird auf dem Kirchengelände gemeinschaftlich Gemüse angebaut. „Schon im vergangenen Jahr habe ich ein Beet mit einer Wildblumenwiese angelegt und versuche auch dort, die Menschen für insektenfreundliches Gärtnern zu sensibilisieren. Da ich mein Gemüse nun im Johannesgarten anbauen darf, kann ich den frei gewordenen Platz auf unserer Dachterrasse außerdem für weitere einheimische Wildstauden nutzen.“

Blühwiesenpatenschaft

Im Sommer 2021 hat die Gärtnerin mit einem Herz für Bienen eine Blühwiesenpatenschaft für 100 Quadratmeter der Blühwiese von Familie Otten in Grotenrath bei Geilenkirchen übernommen. Außerdem ist sie Patin von 10 m² der Blühwiese von beepart.

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Foto: Andrea Jaschik
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Öffentlichkeitsarbeit

Die Teilnahme am Wettbewerb „Wir tun was für Bienen!“ mit der Kita sowie mit ihrer Dachterrasse brachten Andrea Jaschik auf die Idee, das naturnahe Gärtnern samt Schutz der Artenvielfalt auch anderen nahezubringen und möglichst viele Menschen für wildbienenfreundliches Gärtnern zu begeistern. Neben einem Blog über den „Hortus Aquis“ über den Dächern Aachens betreibt die Autodidaktin auch Social-Media-Kanäle und ist auf Facebook, Instagram, Pinterest und Youtube zu finden. Außerdem gibt es zahlreiche Gastbeiträge, Stories und Erwähnungen in diversen Publikationen sowie einen Beitrag im 9. Bio-Balkon-Kongress von Birgit Schattling.

„Unser Dachgarten Hortus Aquis ist klein, seine Grundfläche beträgt lediglich 15 Quadratmeter. Trotzdem ist es mir durch meine Öffentlichkeitsarbeit auf vielen Kanälen in kurzer Zeit gelungen, eine große Zahl von Menschen zu erreichen, inzwischen sogar deutschlandweit.“ 

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Foto: Andrea Jaschik
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Weitere Pläne & Ziele

Die Dachterrasse „Hortus Aquis“ soll als wildbienenfreundliches Biotop weitergeführt werden. Wenn unsere Lebenssituation es zulässt, ist es mein großer Wunsch, einen eigenen Naturgarten zu gestalten. Die Grünfläche in unserer Straße wird nach wie vor von unserer Familie gepflegt.

Besonders am Herzen liegt mir die Vermittlung von Wissen an Kinder bei der Zusammenarbeit mit der Kita, doch auch im „Johannesgarten“ würde ich mich in Zukunft gerne mit Ideen für insektenfreundliche Strukturen und Bepflanzungen einbringen“, so die #beebetter-Gewinnerin. „Was die Öffentlichkeitsarbeit betrifft, bin ich gespannt, ob in Zukunft weitere Anfragen an mich gestellt werden. Für meinen Blog habe ich viele Ideen und Social Media bietet ebenfalls noch ungenutzte Möglichkeiten.“

Ein großer Traum von Andrea Jaschik ist es, ein eigenes Buch zu verfassen. „Auf diese Weise könnte ich meine Erfahrungen zum wildbienenfreundlichen Gärtnern auf kleinem Raum und dem Anlegen von insektenfreundlichen Strukturen im Kleinformat, einem breiten Publikum zur Verfügung stellen.“ Das Preisgeld in Höhe von 1000 Euro soll ihr dabei helfen, diesen Traum zu erfüllen.

Impressionen aus dem Hortus Aquis
Foto: Andrea Jaschik

Hortus Aquis - Trachtfließband Dachterrasse

Schon als Kind gärtnerte Andrea Jaschik leidenschaftlich gerne. Zunächst auf dem Fensterbrett, in den letzten elf Jahren auf der Dachterrasse. Dazwischen gab es interessante Wendungen – und Begegnungen mit einigen tollen Tieren. Besonders die Wildbienen hat die Naturgärtnerin ins Herz geschlossen. Besuchen Sie ihr grünes Reich über den Dächern Aachens!